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Elektronische Fallakte bewährt sich bei Konsilen von Covid-19 Patienten

Elektronische Fallakte bewährt sich bei Konsilen von Covid-19 Patienten

Bedingt durch die zu erwartenden Eintritte von intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten mit akuter Covid-19-Infektion wurde der erste Usecase des „Virtuellen Krankenhauses NRW“ zügig umgesetzt. Der Grundgedanke des Kooperationsprojektes „Virtuelles Krankenhaus NRW“ bildet die Möglichkeit von Konsilanfragen bei hochspezialisierten Zentren in Universitätskliniken des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen. Diese Grundidee wurde nun infolge des aktuellen Infektionsgeschehens erstmals mit Methoden der Informations- und Kommunikationstechnologie in einem konkreten Anwendungsfall umgesetzt.

Videokonferenzen und begleitende Fallakten-Dokumentation

Für die Bereitstellung einer Expertise in der Versorgung von Covid-19-Patienten erklärten sich die Intensivmediziner der Universitätskliniken Aachen und Münster bereit, Konsiliaraufgaben in diesem Feld zu übernehmen. Damit eine schnelle Bereitstellung dieser Expertise erfolgen kann, wurde ein Online-Formular entwickelt und über das Portal des „Virtuellen Krankenhaus NRW“ bereitgestellt. Kliniken können über das Formular einfach und schnell einige Daten zu den Patienten eingeben, für die ein Konsil erforderlich ist.

Diese Daten werden dann von Koordinatorinnen und Koordinatoren in den Universitätskliniken Aachen und Münster digital verarbeitet und zunächst Termine für Videokonferenzen vereinbart. Über diese Konferenzen können Patientinnen und Patienten von den Intensivmedizinern begutachtet und eine erste Expertise gegeben werden.

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Ansicht einer geöffneten Fallakte mit vier bisher erstellten Instanzen des ersten Konsils. Über den Button "Dokument einstellen" können weitere relevante PDF-Dateien eingestellt werden. Das Online-Konsilformular öffnet sich nach Betätigen des Buttons "Konsilbericht") (Quelle: Testsystem der RZV Covid-19 EFA)

Für einen nachhaltigen Konsiliarvorgang zeigte sich aber schnell die Notwendigkeit einer begleitenden Dokumentation. Auf der Suche nach einer geeigneten Form zur interinstitutionellen Kommunikation, die den Datenschutzbestimmungen genügt, wurde schnell die sogenannte Elektronische FallAkte in Erwägung gezogen. Diese leistungserbringergeführte Akte genießt unter Datenschützern in Deutschland ein hohes Ansehen, da sie zum einen zweckgebunden, zum anderen mit fest definierter Lebensdauer versehen ist. Der Zweck begrenzt sich auf ein Behandlungsgeschehen, die Dauer auf den Zeitraum bis zum Abschluss dieser Behandlung. Für die konsiliarische Begleitung von COVID-19-Patienten wäre der Zweck der Verdacht bzw. die gesicherte Diagnose der Infektion und die Lebensdauer der Zeitraum des notwendigen Konsilgeschehens, längstens die Dauer der Behandlung auf Intensivstationen.

Architektur der Elektronischen Fallakte

Die Elektronische FallAkte (EFA) beruht seit Veröffentlichung der Spezifikation zur Version 2.0 durchgehend auf IHE-Standards[1]. Unter diesen sind neben den für die Registrierung und Speicherung notwendigen XDS-Standards auch solche zur Protokollierung oder Benutzerauthentifizierung. Um die Konformität mit der Spezifikation zu gewährleisten, organisiert der FallAkten-Verein, in dem sich Leistungserbringer und Systemanbieter zusammengeschlossen haben, die Möglichkeit zur Prüfung in Projectathons. Diese sind eng in die Connectathons von IHE Europa eingebunden.

Die RZV Rechenzentrum Volmarstein GmbH hat vor etwa fünf Jahren damit begonnen, für ihre Kunden eine datenschutzkonforme Plattform zur Unterstützung institutionsübergreifender Behandlungen zu entwickeln. Wegen der Konformität mit geltenden Datenschutzbestimmungen wurde beschlossen, ein Aktensystem auf Basis der EFA-Spezifikation 2.0 zu entwickeln. Hierzu griff das RZV-Entwicklerteam auf die Werkzeuge des Kooperationspartners InterSystems zurück und stellte eine standardkonforme EFA für diverse Produkte bereit.[2]

Für die Bereitstellung in nutzergerechten Usecases mussten zum EFA-Backend noch Frontends bereitgestellt werden, die neben der direkten Fallaktenkommunikation auch plattformübergreifend eingesetzt werden können. Hierzu ging die RZV Rechenzentrum Volmarstein GmbH eine Kooperation mit dem Dortmunder Fraunhofer Institut für Software- und Systemtechnik ISST ein, die anwendungsspezifische, webbasierte Frontendtechnologien entwickeln.

COVID-19 Fallakte mit strukturierter Konsildokumentation

Für den Usecase der konsiliarischen Begleitung von COVID-19-Patienten war neben der schnellen und nachhaltigen Bereitstellung von behandlungsrelevanten Dokumenten (z. B. Laborbefunde) auch eine begleitende Dokumentation des Konsilgeschehens notwendig. Die bis dato in Excel-Dateien geführten Daten sollten nun von den konsilgebenden Ärztinnen und Ärzten der beiden Universitätskliniken direkt „in“ der Fallakte eingegeben und den konsilnehmenden Kliniken bereitgestellt werden.

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Geöffnetes Online-Formular zur Erstellung von Konsilen bei intensivpflichtigen Covid-19 Patienten. Oben finden sich die Angaben zum Patienten und zum Krankheitsgeschehen, unten die Angaben zu allen angelegten Konsilen. Zu jedem Konsil können über Reiter erreichbare Detailinformationen strukturiert eingegeben werden. Über den "+"-Button wird ein neues Konsil angehängt, bei Betätigen des Buttons "Konsilbericht speichern" wird automatisch eine PDF/A-Datei des bearbeiteten Konsils in der Fallakte abgelegt.

Bedingung für die Fallakten-Konformität ist bei strukturierten Daten die Ablage in einem „gekapselten“ Dokument, da strukturierte Daten wie in klassischen Informationssystemen nicht für die fallakten-basierte Kommunikation vorgesehen sind. Die Verbindung dieser Welten gelang über eine Entwicklung durch Fraunhofer ISST, die in Abstimmung mit den RZV-Entwicklern und den Universitätsmedizinern ein HTML-basiertes Formular zur Erfassung beliebig vieler konsiliarischer Kontakte entwickelten. Mit jedem Abschluss eines Konsils liegen die strukturierten Daten in einem XML-Dokument vor und können in einer Fallakte abgelegt werden. Parallel wird zum Zwecke der Nachhaltigkeit pro Konsilvorgang ein PDF/A Dokument generiert und ebenfalls in der Fallakte abgelegt.

Innerhalb von sehr kurzer Zeit konnten zahlreiche Kliniken den vom Bundesland Nordrhein-Westfalen vollständig finanzierten Zugang einrichten und neben Videokonferenzen auch das Behandlungsgeschehen in den elektronischen Fallakten begleiten. Erfahrungen, die mit der Bereitstellung der Kommunikationsstruktur für die Behandlung von COVID-19 Patienten gemacht wurden, können nun in weitere Usecases wie beispielsweise Konsile zu anderen Indikationen für das „Virtuelle Krankenhaus NRW“ einfließen und die Elektronische Fallakte ihren Nutzen auch in diesen Szenarien beweisen.

Autor: Markus Stein, Strategisches Produkt Management, RZV Rechenzentrum Volmarstein GmbH (mstein@rzv.de)
Der Artikel ist zuerst in der Clinicum 3-2020 erschienen: Elektronische Fallakte bewährt sich bei Konsilen von Covid-19 Patienten

 

[1] Die aktuelle Spezifikation 2.0 ist im Wiki von HL7/IHE Deutschland einsehbar unter http://wiki.hl7.de/index.php?title=cdaefa:EFA_Spezifikation_v2.0 (zuletzt aufgerufen am 30.4.2020)

[2] Die Konformität mit den Standards ist einsehbar über http://www.fallakte.de/efa-2-0/ und https://connectathon-results.ihe.net/ (beide zuletzt aufgerufen am 30.4.2020)

 

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