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Räume öffnen für die Digitalisierung

DNA analyzing

Die deutsche Gesundheitspolitik hat sich – endlich – die Digitalisierung auf die Fahnen geschrieben. Dadurch öffnen sich für die medizinische Versorgung neue Räume, sagt Helene Lengler, Regional Managing Director Central & Eastern Europe bei InterSystems. Räume öffnen – das ist auch das Ziel der neuen Datenplattform und Entwicklungsumgebung IRIS for Health. Sie stellt Know-how im Bereich Interoperabilität und Multi-Modell-Datenzugriff zur Verfügung und ermöglicht es so, auch anspruchsvolle Datenanalyseprojekte unabhängig von der IT-Infrastruktur zügig zu realisieren.

Über Digitalisierung wird im deutschen Gesundheitswesen viel geredet, und es wird gerade viel politisch angestoßen. Wie zufrieden sind Sie mit den derzeitigen Entwicklungen?

Es gibt Licht und Schatten. Auf der einen Seite begrüßen wir, dass momentan viel Dynamik in dem Thema ist. Es gibt viele Aktivitäten im Bundes- ministerium für Gesundheit, in die wir als Industrie auch aktiv – und nicht nur über die Verbände – eingebunden werden. Das finden wir sehr gut. Auch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) geht in die richtige Richtung: Es öffnet Räume für die Digitalisierung. Die Schatten liegen bei den Details der Umsetzung. Was uns auch fehlt, ist eine übergeordnete Digitalstrategie, die Rahmenbedingungen – aber auch nur Rahmenbedingungen – definiert und realistische Fristen setzt. Für ein besonders gelungenes Beispiel halten wir nach wie vor die Schweiz, wo früh eine Strategie formuliert und langfristige Zielvorgaben gemacht wurden. Das hat den Markt auf sehr positive Weise in Bewegung gebracht. Die Schweiz macht aber auch deutlich, dass so etwas ein mehrjähriger Prozess ist.

Wie beurteilen Sie die derzeitigen Pläne für die elektronischen Patientenakten nach §291a SGB V?

Stichwort Zeitplan: Den betrachten wir als sehr sportlich. Ich wüsste kein anderes europäisches Land, das versucht hat, eine elektronische Patientenakte in so kurzer Zeit einzuführen. Das zweite, was wir für schwierig halten, sind die extremen Vorgaben für Sicherheit und verschlüsselte Kommunikation. Es stimmt, Datenschutz ist ein ganz wichtiges Thema. Aber es wird aus unserer Sicht ein zu großer Fokus darauf gelegt. Allein die Anforderungen an den Konnektor sind höher als in der militärischen Kommunikation. Problematisch ist auch, dass die Spezifikation der gematik sehr stark eine deutsche Spezifikation ist. Mit der angeblichen IHE-Konformität ist es bei genauerem Hinsehen nicht weit her. Wenn man sich auf der anderen Seite ansieht, dass die EU mit ihren Empfehlungen für elektronische Patientenakten auch einen grenzüberschreitenden Datenaustausch ermöglichen will, dann ist eine sehr nationale Spezifikation umso unverständlicher. Und noch etwas: Bei der EPA erfolgen Spezifizierung und Zertifizierung durch dieselbe Organisation. In der Softwarewelt gibt es dagegen ein Paradigma, wonach Spezifizierung und Qualitätssicherung immer getrennt werden müssen.

Neben der technischen geht es bei Patientenakten auch um inhaltliche Interoperabilität, um medizinische Datenobjekte. Das will die Politik bei der KBV ansiedeln. Wie stehen Sie dazu?

Wir halten es für schwierig, wenn man das Thema Semantik in die Hände nur eines Teils der Leistungserbringerorganisationen gibt. Die KBV hat unbestrittene Kompetenzen bei der Abrechnung im niedergelassenen Bereich, aber sie repräsentiert nur den ambulanten Sektor. Es würde sich aus unserer Sicht anbieten, eine übergreifende Organisation mit der Verantwortung für die Semantik zu betrauen, eine Organisation wie das DIMDI, das ja schon lange über Sektorengrenzen hinweg agiert.

Mit welchen Lösungen kann InterSystems zu mehr Interoperabilität im Gesundheitswesen beitragen?

Wir haben zum einen die in Deutschland unter anderem bei Sana sowie in der Vernetzung der Medizinischen Hochschule Hannover etablierten Lösungen unserer HealthShare Produktfamilie, mit denen wir sehr viele Use Cases rund um Patientenakten abdecken. Neu hinzugekommen ist im vergangenen Jahr unsere Datenplattform IRIS, die im Herbst als IRIS for Health in einer spezifischen Variante für das Gesundheitswesen gelauncht wurde. IRIS ist eine extrem performante Entwicklungsumgebung für etablierte und auch neue Player in der Gesundheits-IT, die zwei Dinge zusammenbringt, für die InterSystems seit Langem steht. Das ist zum einen die Interoperabilität mit Unterstützung sämtlicher gängiger Standards und Profile von HL7 CDA über DICOM und IHE bis zu neuen Standards wie HL7 FHIR.

Zum anderen macht IRIS sehr heterogene Datenstrukturen miteinander vereinbar, sodass nicht nur mit SQL, sondern auch mit anderen Datenbanktechnologien in einer Umgebung gearbeitet werden kann. Das ist gerade im Gesundheitswesen ein wichtiges Asset.

Was genau macht diese Entwicklungsumgebung so attraktiv, und was ist die Zielgruppe?

Die Entwicklungsumgebung richtet sich an alle, die sich im Bereich App-Entwicklung engagieren, die bei ihren Lösungen – hinter welchem Frontend auch immer – mit medizinischen Daten hantieren wollen und die Interoperabilität benötigen, um die Daten zu analysieren, sei es klassisch oder im Sinne von Machine Learning und künstlicher Intelligenz. Das können medizinische Einrichtungen oder Startups sein, aber auch zum Beispiel Labore oder Medizingerätehersteller, die Funktionsdaten oder Bilddaten versenden wollen und die in der Vergangenheit oft an den Grenzen der jeweiligen IT-Systeme gescheitert sind. Attraktiv wird IRIS for Health zum einen durch das enorme Knowhow in den Bereichen Interoperabi- lität und Multi-Modell-Datenzugriff, das dahinter steckt, zum anderen aber auch durch einen sehr niedrigschwelligen Zugang mit einer so genannten Community Edition in Cloud-Umgebungen wie Google, Amazon Web Service und Microsoft Azure.

Wie funktioniert diese Community

Edition? Die Community Edition von IRIS for Health macht es sehr einfach, in der Cloud erste Entwicklungen zu verwirklichen und auszuprobieren. Es lassen sich auch kleinere Produktivbetriebe realisieren, sodass das, was letztlich beim Kunden installiert wird, bereits sehr gut getestet ist. Wir machen genau die Technologien zugänglich, die wir auch bei der Entwicklung unserer HealthShare Produktfamilie nutzen, entsprechend bietet sich IRIS for Health auch für Kunden an, die im Umfeld von Patientenakten neue Services oder Frontends erstellen möchten. Die Nutzung ist aber ausdrücklich unabhängig von HealthShare bzw. von der jeweiligen IT-Infrastruktur. Sie steht Nutzern aller IT-Systeme offen. Wichtig ist, dass die spätere Nutzung der entwickelten Lösungen nicht an die Cloud gekoppelt ist. Die Software kann am Ende auch lokal installiert oder im eigenen Rechenzentrum betrieben werden. Der Nutzen der Community Edition besteht darin, eine Entwicklung rasch starten zu können. Es lohnt sich!

Interview mit Helene Lengler, erschienen in E-Health-Com 2_3/19

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